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Kirche
Auszug der Ortschronik
§22, §23, §24, §25, §26-28, §29
Im Ortszentrum von Geschwenda dominiert die große im Stil des späten
Barock von 1741 bis 1747 erbaute Nikolaikirche.
Auszug aus der Ortschronik von Geschwenda
Kapitel 6
Vom neuen Kirchen - und Schulbau
§22 Kirche Innenansicht
Die alte hiesige Kirche ist so baufällig gewesen, daß man schon zur Zeit, da das Dorf noch der Lichtenbergischen Familie gehöret, einen neuen Kirchenbau beschlossen hat, zu welchem Ende auch damals ein Steinbruch in hiesiger Flur mit 9o Gulden aufgeräumet, der Bau aber gleichwohl nicht vorgenommen wurde, bis der Geheime Rath und Oberstallmeister von Röder das hiesige Rittergut überkommen. Dieser Herr hat mir mündlich versichert, daß er sich oft ein solches Rittergut gewünschet, bei welchem er Gelegenheit fände, eine neue schöne Kirche zu erbauen. Weil er nun unverhofft das hiesige Rittergut, auf welchem er erzogen worden und wo ihm die alte elende Kirche noch wohl bekannt gewesen, käuflich angetragen bekommen, so habe er auch aus oberwähnten Ursachen sich sogleich in den Gutskauf eingelassen mit der alsbaldigen Resolution eines neuen Kirchenbaues.
In der Chronik findet sich zum Kirchenbau ein Vers mit der Aufforderung, den Bauherrn zu ehren:
Ehre, Schwende, Deinen Röder,
küsse seine milde Hand,
welche diesem Gotteshause
soviel Gnadezugewandt.
Das Bild des Oberstallmeisters von Röder hängt in der Kirche rechts hinter der Kanzel und trägt diesen Vers als Bildunterschrift.
Einen großen Teil der zum Bau benötigten finanziellen Mittel stellte der damalige Kirchenpatron, Reichsfreiherr und Württembergischer Geheimrat und Oberstallmeister H.R.G. von Röder zur Verfügung. Er besaß auch das Schloß Molsdorf in der Nähe von Arnstadt.
Das in Stein gehauene Wappen dieser Familie ist über dem Haupteingang der Kirche sowie in etwa 10 Meter Höhe am Turm zu sehen.
Der Grundstein zur Kirche wurde am 6.5.1741 gelegt
56 Wochen wurde in den Steinbrüchen gearbeitet, den Tag für 4 Groschen. Die Steinfuhren aus hiesigem Steinbruch wurden für zweispännige Fuhren mit 4 Groschen, für einspännige mit 2 Groschen bezahlt, die aus dem Gräfenrodaer oder Schiebigenberge kosteten das Doppelte.
Die Zimmerleute Meister Baltzer Franck und Hannß Franck aus Hohenkirchen haben die Kirche nach gegebenem Riß als 86 Schuh lang und 43 Schuh breit auszuhauen und zu richten, ebenso die Treppen, Gehäuse und Treppen zur Kanzel, Belegung der Emporkirche mit Bohlen, Brettern usw. Der Turm ist 66 Schuh hoch (Siehe dazu Kirchbaurechnungen B IV)
1964 ist durch den Maler Ludwig Dress aus Meiningen die Decke wieder erneuert worden. (Quellen: Kirchbaurechnungen B IV )
- Kirche innen
§23
Der Kirchenbau selbst ist anno 1741 wirklich angefangen und bis 1748 fortgesetzt worden.
Die ungewöhnliche Verzögerung desselben beruhet auf verschiedenen Umständen. Denn es hat der Geh.Kammerrath von Herzberg in Gotha als Röders Schwager die Oberdirektion geführet, mit welchem der hiesige Justitiarius, damaligen Kommissionsrath Wenzing in Amstadt alles abhandeln müssen. So ist auch der Plan dieser gewesen, daß der alte vortreffliche Turm stehen bleiben und die Kirche hinter denselben nach dem Walde zu angebauet werden sollen, wie denn auch der Grund schon 10 Schuh hoch zum Begräbnis im Erdboden aufgeführet gewesen und wieder ausgebrochen werden müssen, weil Röder von dem hinterwärts angrenzenden Klaren Erbe nichts hergeben wollen zur Erweiterung des Kirchhofes nach diesem ersten Plane, über welchen in der Gerichtsrepositur noch das förmliche Protokoll vorhanden. Man hat hierauf einen zweiten, aber sehr unglücklichen Plan gemacht. Die Kirche hat ungefähr auf die alte Stelle müssen erbauet, der gute alte Turm abgebrochen und ein neuer vor die Kirche erbauet werden. Ehe er aber noch die Kuppe bekommen, ist er wieder eingestürzet und hat die alte Schule völlig zusammengeschlagen. Wie man sich an dem Gothaischen Maurermeister Jahn des Schadens erholen wollen, davon sind die weitläufigen Akta noch bei der Kirchenrepositur nachzusehen.
§24
Den neuen zweiten Turm hat Meister Kühnast von Dannheim bei Amstadt unter Direktion des leichtsinnigen Weimarischen Baumeisters Krohn übernommen. Er ist aber ebenso wenig dauerhaft, ob er gleich ein gutes Aussehen hat. Und halte ich vors beste Mittel seinen Einsturz zu verhüten, daß die Glocken von demselben genommen und in ein besonders an der Ecke des Kirchhofes zu erbauendes Glockenhaus gebracht würden, wodurch das Geläute im ganzen Dorf besser zu hören sein würde, wie ich alle diese Umstände bereits genau erkundigt, auch bei Visitationen vorgestellet habe.
§25
Der neue Schulbau ist 1750 vorgenommen worden. Und da der erste Raum gar zu klein gewesen, habe ich, der Pfarrer, ein Stück Garten dazu hergegeben, so groß als jetzo die vordere obere Ecke der Schule die Linie auf die hintere Ecke vom Pfarrholz-Schopfen weiset. Vor solches habe ich von der Gemeinde ein Stück Wiese im Ehrich unterm Pfarrteiche bekommen, wie das bei den Pfarrakten befindliche Übergabe-Instrument des 'mehreren ausweiset. Wie denn meine Antecessor unter dem besagten Teiche schon ein Stück Wiese vor eine winklige Ecke des Pfarrgartens hinter dem ovalen alten Friedhof bekommen, aber kein Instrument darüber sich ausstellen lassen, welches ich bei meinem Tausch nachgeholet habe. (Anmerkung;: vom Damm des Teiches gerechnet ist die Wiese 2o Ruthen 6 Schuh groß.)
§ 26, § 27 und § 28 beschreiben Kirchengüter
§29
Die Kirchengefäße , die meistenteils Herr von Röder geschenket, wie auch die Bücher nebst einigen musikalischen Instrumenten , werden bei den Kirchenrechnungen spezifizieret. Die Vermächtnisse seit dem neuen Kirchenbau sind auf jeden Fall in die Einnahme der jährlichen Rechnung gebracht worden.
Bemerkungen zum Kirchenbau
Der Neubau der Kirche belief sich auf 6603 Gulden. Die Bilder an der Decke, die über der Kanzel das Auge Gottes, dann die Himmelfahrt, Auferstehung und Verklärung Christi darstellen, kosten mit den übrigen Malereien 15o Reichstaler. Solange der Kirchbau dauerte, fand der Gottesdienst in der "Hofstube" statt.
Die Steine zum Bau stammen aus Geschwendaer, Martinrodaer und Gräfenrodaer Steinbrüchen.
Dann finden wir in einer Rechnung, daß eine Treppe von außen auf den sogenannten "Herrenstand" führte. Die Reste sind an der Westseite der Kirche noch sichtbar. Das Holz stammt aus der "Alten Lache" und dem Dörrtal, der dortigen Röders-Waldung, femer aus einer Eiche aus dem Eichholz.
Kanzel und Predigtstuhl stammen von 1601, der Taufstein von 1617 und wurde zum 100-jährigen Gedächtnis der Reformation hergestellt, (natürlich war schon früher ein solcher vorhanden)
1647 wurde in der Geschwendaer Kirche eine Orgel durch Sebastian Wätzschele aus Seebergen eingebaut, 1673 diesselbe von Caspar Lehmann aus Suhl erneuert. 1744 wird in die neuerbaute Kirche eine Orgel von Johann Michael Gutjahr aus Seebergen für rund 62o Taler geschaffen. Die Jetzige ist 1882 vom Orgelbauer Knauft aus Gotha für 3000 Mark gebaut.
- Unsere Kirche
Am 27.8.1848 - also 100 Jahre nach Bauende -
nahm der Schieferdecker August Jacobi aus Sondershausen den Knopf und die Fahne von dem hiesigen Kirchturme, um beides zu vergolden. Denn obgleich im Jahre 1802 eine Vergoldung dieser Stücke geschehen war.so war doch durch die Länge der Zeit der Goldglanz daran verwittert.
Der Landrichter und Ortsschultheiß Eduard Große veranlaßte die Gemeindeglieder zu freiwilligen Beiträgen und es wurden von den Familienvätern, den ledigen Burschen und Mädchen mittels Einsammlung gegen 16 Taler gespendet. Am Tage Dominica 12.post Trinitatis - also den 10.September 1848 - wird nach beendigtem
Nachmittagsgottesdienst mit einer am Altar gehaltenen freien Rede und Gebet des Pastors Franke der Turm-Knopf und die Fahne wieder aufgesetzt.
Zur Nachricht 1882 - Nachdem schon lange Zeit am hiesigen Gotteshause nichts geschehen war, konnte man die immer dringender werdenden Reparaturen nicht länger verschieben und so wurde denn in Gottes Namen
- trotz der bereits sehr winterlichen Jahreszeit die Umdeckung des Kirchendaches auch dessen südlicher Seite durch einen Sohn hiesiger Gemeinde für 600 Mark ausgeführt und bei dieser Gelegenheit auch der Turmkopf abgenommen und frisch vergoldet wieder aufgesetzt.
- wurde am heutigen Tage gleichzeitig die fast ganz erneuerte Orgel feierlich eingeweiht.
Zur Erinnerung an diesen Tag haben die Burschen und Mädchen der hiesigen Gemeinde unter sich eine Kollekte veranstaltet, aus deren Erlös 25 MK, 2 Stühle, 2 Wachskerzen und ein Teppich in die Kirche gestiftet wurden. 1979 wird der gesamte Turm der Nikolaikirche rekonstruiert. Dazu wird auch der Turmkopf heruntergenommen und die darin enthaltenen Zeitdokumente, Münzen usw. aus den Jahren 1882 und 1904 ( frühere Turmkopf-Öffnungen) in einer Ausstellung im Pfarrhaus den Bürgern von Geschwenda gezeigt. Am 28.September 1979 wird die goldene Kugel mit neuen Zeitdokumenten gefüllt und dem Turm wieder aufgesetzt.
Der Turmkopf-Inhalt wurde für die Kirchen- und Orts-Chronik fotokopiert. Das Innere der Kirche wurde 1985 renoviert und durch einen neuen Kronleuchter und flämische Wandarme vervollständigt.
1993 folgte die Restaurierung der 1744 erbauten Gutjahr-Orgel mit 24 Registern. An den Kosten dafür beteiligte sich auch großzügig die Gemeinde Geschwenda. In einem Gottesdienst anläßlich des Abschlusses der Bauarbeiten sagte Oberkirchenrat Dr. Walter Saft: ......daß die Kirche nun wieder ein Gesicht hat und in ihrer stillen Weise Zeugnis davon gibt, daß der Herr noch da ist in der Gemeinde ....